KREUZBAND-OP – INDIKATION, METHODEN & ERFOLGSAUSSICHTEN
Ein Knacken im Knie, mehr oder weniger starke Schmerzen und eine Schwellung am Kniegelenk: Ein Kreuzbandriss ist eine sehr häufige Verletzung und muss in jedem Fall behandelt werden – ob konservativ mit Physiotherapie oder operativ.
Univ. Prof. Dr. Christian Gäbler erklärt in diesem Beitrag, welche Methoden bei einer Kreuzbandoperation zur Auswahl stehen und welche Vor- und Nachteile mit den jeweiligen Techniken verbunden sind.
Inhaltsverzeichnis
- Wann ist eine Kreuzband-Operation erforderlich?
- Kreuzband-OP – Welche Operationsmethoden gibt es?
- Kreuzband-Op – Wann ist Sport wieder möglich?
- Erfolgsaussichten & Fazit
Weitere Fragen?
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Wann ist eine Kreuzband-Operation erforderlich?
Ob nach einem Kreuzbandriss eine Operation notwendig ist, hängt von mehreren Faktoren ab:
- Ausmaß der Instabilität
- Alter des / der Patient*in
- Sportliche Aktivität
- vorhandene Begleitverletzungen
Je höher Ihr sportlicher Aktivitätsgrad, desto eher empfiehlt sich eine Operation. Rät Ihr behandelnder Arzt zu einer Kreuzbandoperation, werden Sie im nächsten Schritt in einem ausführlichen Gespräch evaluieren, welche OP-Methode für Sie am besten geeignet ist.
Kreuzband-OP – Welche Operationsmethoden gibt es?
Abhängig von Verletzungsschwere und sportlichen Bedürfnissen stehen bei einem Kreuzbandriss unterschiedliche Operationsmethoden zur Auswahl, die in einem ausführlichen Gespräch mit Ihrem Arzt evaluiert werden müssen.
STG-Technik: Sehnen aus der Kniebeuge
Die Bezeichnung STG-Technik stammt von den abgekürzten Namen der verwendeten Sehnen (Semitendinosus- und Gracilissehne). Bei diesen beiden Sehnen handelt es sich um Kniebeugersehnen, die ohne wesentlichen Kraft – und Funktionsverlust für das Kniegelenk entnommen werden können.
Der Vorteil dieser Technik besteht im kleineren Hautschnitt und darin, dass die Patient*innen mit der STG-Technik meist weniger über postoperative Schmerzen klagen als jene mit einem Transplantat von Quadrizeps- oder Patellasehne. Vor allem treten die typischen Schmerzen an der Entnahmestelle der Knochenblöcke nicht auf. Weiters gibt es die Probleme wie Kniescheibenbruch und Patellasehnenriss nicht. Und auch nicht die typischen Muskelprobleme nach Entnahme der Quadrizepssehne.
Ein deutlicher Nachteil der Technik besteht darin, dass vor allem die Beugekraft im Kniegelenk um ca 10%, aber auch die Innenrotation des Unterschenkels eventuell etwas geschwächt (dies fällt vor allem Hochleistungssportler*innen auf). Ein weiterer Nachteil liegt darin, dass in 10 – 20 % der Fälle (nach manchen Literaturangaben auch in einer höheren Anzahl) ein Nerv geschädigt wird – dies führt zu einem (meist vorübergehenden) Taubheitsgefühl an der Unterschenkel-Innenseite (in sehr, sehr seltenen Fällen auch zu brennenden Nervenschmerzen). Und es sollte diese Technik nicht bei PatientInnen mit Valgusfehlstellung (= X-Bein) angewendet werden, da die Hamstrings der Fehlstellung im X-Bein entgegenwirken.
STG-Technik: Ablauf
Die Operation beginnt mit der Arthroskopie, also der Kniegelenksspiegelung (dabei werden auch eventuell vorhandene Meniskus- oder Knorpelschäden behandelt) und der Entfernung der Überreste des gerissenen Kreuzbandes. Wenn ein guter Kreuzbandstumpf vorhanden ist, kann dieser ggf. auch belassen werden, um die körpereigenen Rezeptoren zu erhalten. Danach folgt das Anfrischen des Knochens in den Ansatzbereichen des Kreuzbandes.
Im Gegensatz zum BTB-Transplantat ist ein nur ca. 3 cm langer Schnitt unterhalb der Kniescheibe erforderlich, über den einerseits die zwei Kniebeugersehenen entnommen werden, andererseits auch der Knochenkanal im Unterschenkel gebohrt wird.
Anschließend wird die Bohrung (für die Aufnahme des Transplantates) im Oberschenkel durchgeführt, danach das STG-Transplantat eingebracht und in spezieller Technik in seiner Lage fixiert. Bei dieser Methode werden meist bioresorbierbare Schrauben verwendet. Dabei handelt es sich um Schrauben, die sich nach einigen Jahren langsam auflösen bzw. vom Körper resorbiert werden.
Da auch selbstauflösende Schrauben Probleme bereiten können (z. B. überschießende Fremdkörperreaktion und Höhlenbildungen im Knochen), bevorzugt das Team rund um Univ. Prof. Dr. Christian Gäbler die „All-inside“-Technik ohne Schrauben.
„All-inside“-Technik: Geringeres Risiko und weniger Schmerzen
Um eine möglichst schonende Operation mit weniger Schmerzen und einem geringerem Operationsrisiko zu ermöglichen, bevorzugt Univ. Prof. Dr. Christian Gäbler bei einem Kreuzbandriss die „All-inside“-Technik: Dabei wird mit kleineren Schnitten eine vierfach vernähte Sehne (Gracilis oder Semitendinosus) in Knochenvertiefungen eingesetzt.
Im Gegensatz zu den durchgehenden Knochenkanälen der früheren Methoden, die den Knochen und die Beinhaut massiv traumatisieren und mit signifikant mehr Schmerzen und postoperativen Problemen einhergehen, ist diese Methode weitaus schonender. Durch die kleineren Schnitte ist die Gewebsschädigung geringer und das kosmetische Ergebnis deutlich besser.
Univ. Prof. Dr. Gäbler ist selbst oft überrascht, um wie viel besser es den verletzten Sportler*innen nach einer „All-inside“-Operation geht, vor allem im Vergleich mit den herkömmlichen Methoden.
Die Verankerung erfolgt bei der „All-inside“-Technik mit sogenannten Endobuttons – daher ist das auch die Methode der Wahl bei der Versorgung von Kreuzbandrissen bei Kindern. Eine Ruhigstellung des Kniegelenkes ist nur bei Begleitverletzungen erforderlich.
BTB (Bone-Tendon-Bone): Kniescheiben- oder Patellasehne
Die Bezeichnung BTB-Technik kommt aus dem Englischen für Bone-Tendon-Bone und bedeutet, dass das Transplantat aus einem Knochenblock, einem Sehnenanteil und wiederum einen Knochenblock besteht.
Die Sehne, die bei dieser Technik verwendet wird, ist die Kniescheiben- oder Patellasehne. Also die Sehne, die die Kniescheibe mit dem Unterschenkel verbindet – und damit eine wichtige Streckfunktion übernimmt.
Der Vorteil dieser Technik besteht in der großen Zugkraft der verwendeten Sehne und darin, dass die Knochenblöcke schnell einheilen und die Patient*innen damit sehr rasch eine optimale Stabilität des Kniegelenkes erreichen und somit relativ bald wieder in das Training re-integriert werden können.
Der Nachteil der Technik besteht darin, dass die Patient*innen mit einer Häufigkeit von ca. 10 % über Schmerzen der Entnahmestellen der Knochenblöcke klagen (anterior knee pain) – dies vor allem bei knienden Tätigkeiten. Weiters sind Komplikationen wie Kniescheibenbrüche und Sehnenrisse beschrieben. Das Hauptproblem der Methode liegt allerdings darin, dass Langzeitstudien offenbar belegen, dass nahezu alle Patient*innen mit einem BTB-Transplantat nach 20 Jahren eine mehr oder weniger ausgeprägte Retropatellar-Arthrose (=Knorpelschäden hinter der Kniescheibe) zeigen.
BTB-Technik: Ablauf
Die Operation beginnt mit der Arthroskopie, also der Kniegelenksspiegelung (dabei werden auch ev. vorhandene Meniskus- oder Knorpelschäden behandelt) und der Entfernung der Überreste des gerissenen Kreuzbandes.
Danach folgt das Anfrischen des Knochens in den Ansatzbereichen des Kreuzbandes. Von vielen Chirurg*innen wird nun ein großer Schnitt über der Sehne durchgeführt, über den das ganze Operationsareal eingesehen und die Sehne geborgen werden kann. Da es dabei oft zu Verletzungen von Nerven mit Taubheitsgefühl kommt, bevorzugt Univ. Prof. Dr. Christian Gäbler zwei kleine Schnitte über den Knochenblöcken und Bergung des mittleren Anteils der Sehne und der Knochenanteile (ca. 1,5cm lange und 8mm breite Knochenblöcke aus der Kniescheibenspitze und dem Schienbeinkopf) in einer minimal-invasiven Technik (Schlüssellochtechnik).
Anschließend werden nun die Bohrungen für die Aufnahme der Knochenblöcke im Bereich des ehemaligen Ansatzes und Ursprunges des vorderen Kreuzbandes durchgeführt, danach wird das Kreuzbandpräparat eingebracht und durch spezielle Schrauben (Interferenzschrauben aus Titan) in seiner Lage fixiert. Eine Ruhigstellung des Kniegelenkes ist nur bei Begleitverletzungen erforderlich.
Kreuzbandnaht (=Reinsertion oder Refixation)
Wenn das Kreuzband ganz oben in seiner Verankerung ausgerissen ist (in ca. 10 – 20 % der Fälle und häufiger bei Kindern und Jugendlichen), kann es mit speziellen Dübelbolzen refixiert werden. Diese Methode hat den Vorteil, dass sie natürlich wesentlich schonender ist, weil das Kreuzband mit all seinen Rezeptoren erhalten bleibt und dem Körper keine Sehnen entnommen werden müssen.
Man kann die Kreuzband Reinsertion elegant minimal-invasiv durchführen und benötigt dafür nur drei kleine Mini-Schnitte von ca 4 – 5 mm Länge. Dabei wird das Kreuzband mit einem speziellen Haltefaden angeschlungen und dann mit dem Dübelbolzen an korrekter Stelle refixiert (s. Bild 1).
Damit die Einheilung optimal funktioniert, setzt Univ. Prof. Dr. Christian Gäbler vor, oberhalb und hinter dem Kreuzband noch kleine Bohrungen (s. Bild 2) – über diese Bohrungen können Stammzellen aus dem Knochen austreten und an Ort und Stelle über natural healing response die Einheilung des Kreuzbandes unterstützen.
Univ. Prof. Dr. Gäbler hat diese mittlerweile bereits bei einigen hundert Patient*innen angewendet und extrem gute Erfolge mit dieser Methode erzielt. Die Re-Rupturrate (also die Häufigkeit an Therapieversagen) liegt bei korrekter Indikationsstellung unter 0,5 %.
Quadrizepssehne
Dieser oberhalb der Kniescheibe gelegene Sehnenanteil wird bei Revisionsoperationen verwendet, wenn STG und BTB schon entnommen wurden bzw. aus anderen Gründen nicht zur Verfügung stehen.
Allograft (Spendersehne)
Das Allograft ist im Unterschied zum Autograft (körpereigene Sehne) eine Spendersehne. Oft ist ein Allograft eine der letzten Möglichkeiten ausreichende Kniestabilität zu erzielen, wenn PatientInnen sich das vordere Kreuzband (VKB) schon mehrfach gerissen hatten. Spätestens nach dem dritten Kreuzbandriss fehlen passende körpereigene Sehnen für die erneute Kreuzbandplastik. Dann sind Spendersehnen die perfekte Alternative. Mit einem Allograft verkürzt sich auch die Operationszeit deutlich, die Schmerzen sind nach dem Eingriff signifikant geringer – und die Rehabilitation verläuft schneller, weil ja keine eigene Sehne entnommen werden musste – somit fallen auch alle möglichen Komplikationen weg, die bei der Entnahme eine körpereigenen Sehne auftreten können.
Bei Top-Sportlern werden Allografts oft sogar als Mittel der ersten Wahl verwendet, da man möglichst keine Sehnen entnehmen möchte – gerade im Spitzensport können ja ein paar Prozent mehr oder weniger Muskelleistung den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmachen – und wenn eine Sehne geschwächt wurde oder überhaupt fehlt, ist der Weg zurück zu früheren Spitzenleistungen oft lange und mühsam. Ein Beispiel für eine Allograft-Empfängerin ist ist die italienische Schirennläuferin Sofia Goggia, die mit einer Spendersehne in ihrem Kniegelenken in dieser Saison von Sieg zu Sieg gefahren ist (sie selber meint lapidar, sie siege mit dem Kreuzband eines Toten).
Bei sehr jungen Sportlern (die ihr Geld nicht mit Hochleistungssport verdienen) empfehlen wir, bei der Primärrekonstruktion des VKB körpereigene Sehnen zu verwenden. In dieser Patientengruppe wurden höhere Rerupturraten bei der primären Verwendung von Allografts nachgewiesen – die Ursache könnte allerdings darin liegen, dass durch die geringeren Schmerzen und deutlich schnellere Rehabilitation return to sports oftmals zu früh erfolgt.
In den USA ist der Einsatz von Allografts zur VKB-Rekonstruktion seit Jahrzehnten etabliert. In Europa kommt diese Technik erst seit einigen Jahren vermehrt zum Einsatz. Die Verwendung von Allografts hat aber klare Vorteile: Sie können nach Bedarf bestellt werden. Durchmesser und Länge können individuell angepasst werden. Zahlreiche Studien zeigen, dass Sorgen zu Implantat-Abstoßung, überschießender Immunantwort oder Übertragung von Infektionen unbegründet sind.
Es stellt sich bei Spender-Transplantaten natürlich die Frage: Sind diese Transplantate sicher und wie wird eine mögliche Infektionsübertragung verhindert?
Hier können wir beruhigen, denn die gesetzlich vorgegebenen Maßnahmen, um die Sicherheit von Biomaterialien wie Allografts zu gewährleisten, gelten für alle Infektionskrankheiten, von HIV bis COVID.
Zu den Sicherheits-Maßnahmen der von uns verwendeten Allografts gehören Spenderanamnese, serologische Untersuchungen mittels Antikörperscreening und PCR (polymerase chain reaction), kontinuierliche mikrobiologische Testungen). Nur 4% aller Spender werden nach dem Screeningprozess akzeptiert. Danach erfolgt die aufwendige nass-chemische Desinfektion und Entfernung von Blut, Knochenmark und Eiweiss (= BioCleanse® Tissue Sterilisation Process). Dieser Prozess erfolgt im Gegensatz zu anderen Allografts ohne Bestrahlung (daher ist die Re-Ruptur Rate der von uns verwendeten Spendertransplantate extrem gering).Seit 1995 gab es bei mehr als 4 Millionen Bio-Implantaten, die mit dieser Methode behandelt wurden, keine einzige Infektionsübertragung
Kreuzband-Op – Wann ist Sport wieder möglich?
Wann und in welchem Ausmaß Sie nach einer Kreuzbandoperation wieder Sport betreiben können, sollten Sie mit Ihrem Arzt bzw. Ihrer Ärztin klären. In jedem Fall sollten Sie sich genau an die ärztlichen Anweisungen halten, da ein verfrühter Wiedereinstieg ins Training erneute Verletzungen am Knie hervorrufen kann.
Erfolgsaussichten & Fazit
Das Ziel einer Kreuzband-Operation ist der Erhalt der Stabilität im Knie mit einer möglichst guten Rekonstruktion – und das gelingt in den meisten Fällen auch. Eine Kreuzbandoperation ist in jedem Fall eine technisch anspruchsvolle Operation, die nur von einem erfahrenen Chirurgen bzw. einer erfahrenen Chirurgin durchgeführt werden sollte.
Die Kniespezialisten des SPORTambulatorium Wien, unter der Leitung des erfahrenen Kniechirurgen Univ. Prof. Dr. Gäbler, betreuen Sie kompetent bei Bandverletzungen im Knie mit modernsten arthroskopischen OP-Methoden, aber natürlich auch nicht-operativ (=konservativ), sofern dies möglich ist.
Ihren Termin vereinbaren Sie ganz einfach online via Kontaktformular oder telefonisch: 01 4021000
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